20071013

Mette Parusiegebet Invitatorium Te Deum

Es ist Nacht. Der Trubel des Tages ist verstummt; still ist es um uns. Die Kirche betet; sie erinnert sich des nächtlichen Betens ihres Bräutigams, sie denkt an das nächtliche Beten der ersten Christen in den Katakomben. Wenn sich die Zeiten auch geändert, die Kirche hält daran fest, die Nacht ist nicht bloß für den Schlaf, sie ist auch für das Gebet da. Die Mette war vor alters das Parusiegebet der Kirche, in dem sie die Wiederkehr Christi erwartete. Die Nacht ist das Sinnbild des irdischen Lebens. Wir gleichen den Brautjungfrauen, die mit der Lampe der Gottesliebe in der Hand den Bräutigam erwarten. Hören wir, wie die römischen Christen um 200 n. Chr. von der Mette dachten (Hippolyt, Apostolische Überlieferung, c. 32,19-27):

Um Mitternacht erhebe dich auf deinem Lager, wasche dich und bete; wasche dich mit reinem Wasser. Wenn du ein Weib hast, betet abwechselnd zusammen. Wenn sie noch nicht gläubig ist, ziehe dich zurück, bete allein und kehre dann wieder an deinen Platz zurück. Aber auch wenn du durch das Band der ehelichen Pflicht gebunden bist, unterlass das Gebet nicht; denn ihr seid nicht befleckt ... Es ist notwendig, dass wir in jener Stunde noch einmal beten; denn die Alten haben uns jenen Brauch überliefert und uns gelehrt, dass wir uns also waschen sollen. Denn in jener Stunde ruht die ganze Schöpfung und preist Gott. Sterne, Bäume und Wasser sind, als stünden sie stille; das ganze Heer der Engel hält Gottesdienst samt den Seelen der Gerechten. Sie preisen den allmächtigen Gott in jener Stunde; darum sollen die Gläubigen in jener Stunde beten. So hat der Herr gesprochen, der es bezeugt: "Zur Mitternacht erhob sich ein Ruf: Siehe der Bräutigam kommt! geht ihm entgegen!" Und er hat noch ein Wort eingefügt, indem er sagte: "Seid also wachsam; denn ihr kennt weder den Tag noch die Stunde, in welcher der Menschensohn kommt."

Dennoch müssen wir sagen, dass die Mette heute unter allen Horen am allerwenigsten den Charakter des Stundengebetes hat, sie ist also nicht sehr an die Gebetsstunden der Nacht geknüpft, sie kann daher ohne besondere Einbuße für die Andacht am Tag vorher oder auch früh gebetet werden. An Stelle des Stundengedankens tritt meist der Festgedanke, der in dem Lesegottesdienst und den übrigen wechselnden Teilen des Breviers zum Ausdruck kommt. An Festen ist die Mette die Betrachtung, das Gebetsdrama des Festes; wenn man ein Fest studieren will, so muss man die Mette betrachten. Manche Festmetten sind Meisterwerke der Gebetskunst (zum Beispiel das Triduum sacrum, die Toten-, Kirchweih-, Fronleichnamsmette). Die Psalmen der Wochenmette sind meist eine größere Gebetsbetrachtung über das Gottesreich, die den Erlösungstag vorbereiten soll. Die Mette hat einen herrlichen Eingang, das Invitatorium und an Festtagen, freudigen Sonntagen und der österlichen Zeit einen grandiosen Abschluss, das Te Deum. Das Invitatorium, der Einleitungsgesang mit dem urgewaltigen Psalm 94, ist ein liturgisches Meisterwerk; um den erschütternden Eindruck des Invitatoriums zu empfinden, muss man die Liturgie in ihrer vollen Entfaltung, also ein gesungenes Invitatorium in der Nacht hören.  Da klingt zum Beispiel die frohe Botschaft: Christus natus es nobis - Christus ist uns geboren (das Invitatorium des Weihnachtsfestes), wie ein freudiger Heroldsruf, ein wahres Evangelium in der nächtlichen Stille, das ist wirklich eine herrliche Ouvertüre zur Festfeier des Tages. Das Te Deum ist ein Lobgesang der ganzen Kirche auf den dreieinigen Gott, im besonderen auf Jesus Christus und schließt mit einer innigen Bitte um Schutz. Das Te Deum ist ein schöner Übergang zu den Laudes.

Quelle

-o-o-o-



20071012

Laudes


Die Laudes sind eine jubelnde, ganz taufrische Hore, vielleicht die schönste des ganzen Tages. Versenken wir uns in ihre Symbolik: Es ist Nacht, die Natur, der Mensch schläft. Da wird es im fernen Osten grau, es dämmert; das Morgenrot, die Vorbotin des Tages, steigt auf, es beginnt das Erwachen der Natur. Das ist aber nur Bild und Gleichnis eines heilsgeschichtlichen Ereignisses: um diese Stunde war es ja, da hat der Heiland die Fesseln des Todes gesprengt; er feiert Auferstehung, das ist der heilsgeschichtliche Hintergrund; diese beiden herrlichen Bilder gemahnen uns an ein drittes Erwachen: die geistige Auferstehung des Menschen

Also eine dreifache Auferstehung: die Natur erwacht, der Heiland steht von den Toten auf, der Mensch feiert geistige Auferstehung; das ist der Hintergrund, vor dem wir die Laudes beten. Es ist ein ausgesprochenes Lobgebet, Lob ist der Stundengedanke der Hore. Wer diese drei ineinander fließenden Gedanken und Bilder so recht auf sich wirken lässt, ja sich mitten in dieses 'Auferstehen' hinein stellt, wer die Natur mitbeten, mitloben, mitjubeln lässt, wer überdies diese Hore zeitlich früh und womöglich in der Natur betet, den muss sie gewaltig ergreifen. Gerade die Laudes sind ein schlagendes Beispiel, was die Beachtung der Stunde und des heilsgeschichtlichen Hintergrundes für die Andacht der Horen bedeutet. Deshalb sind die Psalmen in den Laudes eigens ausgewählte Loblieder. Sehr gern finden wir darin Naturmotive; der Auferstehungsgedanke zeigt sich meist in den Rahmenversen der Laudes, wo immer wieder das Alleluja erklingt. Beachten wir das besonders am Sonntag, der ja der eigentliche Auferstehungstag ist; da treffen eben Auferstehungstag und Auferstehungshore zusammen; verdreifacht wird dieser Gedanke zu Ostern!

Den Höhepunkt der Laudes bildet der evangelische Gesang: 'Benediktus.' Es ist ein Lobgesang auf die Erlösung eine Begrüßung des Erlösungstages, der wieder ein weiterer Schritt zur Vollendung der Erlösung sein soll; die Kirche ist ja Beterin, sie versetzt sich an die Stelle des Zacharias; jeder Tag ist ein Kommen des Erlösers, und die Kirche begrüßt den Heiland als den 'Aufgang aus der Höhe, die göttliche Sonne'.

Die Sonn- und Festtagslaudes sind klassisch schön: Erst das Erwachen der Natur, der Gottkönig am Throne der Erde, im Ornat der Schöpfung, der Sieger über die Urflut (Psalm 92), dann des Menschen Gang zum Heiligtum (Psalm 99); das Morgengebet, der Morgenkuss der Brautseele an den göttlichen Bräutigam (adhaesit anima mea post te, me suscepit dextera tua, Palm 62); endlich das Hinausrufen in die Schöpfung und die große Lobsymphonie im 'Benedicite' und 'Laudate'.


Quelle

-o-o-o-


20071010

Prim


Die Prim ist das zweite Morgengebet der Kirche, unterscheidet sich aber sehr von den Laudes. Diese sind das ideale Morgengebet, das Auferstehungsgebet der Schöpfung, der Kirche; die Prim ist das Morgengebet des sündigen Menschen, das subjektive Gebet. Der Stundengedanke der Prim ist die gute Meinung oder: Zurüstung für den Tageskampf. Dieser Gedanke geht durch die ganze Hore hindurch. Einen heilsgeschichtlichen Hintergrund finde ich nicht. Der Stundengedanke, die Rüstung für den Tag, nimmt so alle Aufmerksamkeit in Anspruch, dass der Festgedanke auch an Festen fast ganz verdrängt wird. Der Hymnus weiht alle Sinne und Fähigkeiten des Beters Gott dem Herrn und rüstet gegen die Gefahren des Tages, enthält also sehr schön den Grundgedanken der Prim.

In dieser Hore finden wir auch einen längeren, feststehenden Teil, und da zeigt sie sich erst recht als schönes Morgengebet. Nach der Psalmodie (dem Psalmengebet) folgt der den kleinen Horen (Prim bis Non) gemeinsame Schluss: Kapitel, Responsorium, Versikel und Oration. Das Kapitel 'Dem König der Ewigkeit ...' - ein Treueid zum König des Gottesreichs; 'Frieden und Wahrheit liebet', ein Programm für den kommenden Tag. Das Responsorium ist eine innige Bitte im Bewusstsein der Schwäche: der Blinde von Jericho sitzt am Wege, da Jesus vorüberzieht, und er ruft aus Leibeskräften; - ich bin der blinde Bettler, und der Heiland zieht heute an mir vorüber! Die schöne Oration wechselt nie; enthält alle Momente eines guten Morgengebetes: Dank, Bitte, gute Meinung, Rüstung für den Tag; besonders die schöne Bitte: dass ich heute keine Sünde begehe! Mit der Oration schließt der erste Teil der Prim, das so genannte Offizium des Chores; nun gingen die Mönche in den Kapitelsaal zum täglichen 'Kapitel' und hielten das Offizium des Kapitels. Das hatte auf der Tagesordnung vier Punkte, die noch jetzt in dem folgenden Teil der Prim angedeutet sind:
1. Verlesung des Martyrologiums, des offiziellen Verzeichnisses der von der Kirche heilig gesprochenen Glieder. Es ist gewiss psychologisch fein beobachtet, morgens die Helden des Tages als leuchtende Vorbilder vor Augen zu stellen, gerade in dem Augenblicke, wo der Tageskampf beginnt!
2. Verteilung und Zuweisung der Arbeit; der Abt gab den Mönchen die Tagesarbeit. Die folgenden Gebete und Verse beziehen sich darauf und sind schöne Gedanken für die gute Meinung! Durchwegs prächtige Gebete!
3. Verlesung eines 'Kapitels' der Regel oder einer Schriftstelle (bei den Benediktinern wird noch heute an dieser Stelle die Regel gelesen).
4. Der Segen des Hausvaters (Abtes); als Kinder empfangen wir von Gott vor dem Auszug zur Arbeit den väterlichen Segen. Die Segenerteilung kommt im Offizium zweimal vor: in der Prim, am Anfang des Tages, und in der Komplet, am Ende.
Die Prim gilt zugleich als Stundengebet für die folgenden drei Stunden des Tages (6-9 Uhr). Beachte noch das schöne Segengebet vor dem Kapitel, das den Grundgedanken der Prim als Zurüstung treffend und kurz angibt: Unsere Tage und Handlungen möge der allmächtige Herr ordnen.

Quelle

-o-o-o-



20071009

Terz


Terz. 9 Uhr. Die Kirche wünscht, dass wir mitten in der Tagesarbeit auf kurze Zeit unser Herz zu Gott erheben; das ist der Sinn der kleinen Horen; es sind Atempausen für die Seele, Oasen in der Wüstenwanderung. Gerade diese sollten wir nicht auf einmal zusammen, sondern einzeln zur bestimmten Zeit als Weihe der Tagesstunde beten! Die kleinen Horen sind kurz, denn der Tag gehört der Arbeit.

In der Terz spielt der heilsgeschichtliche Hintergrund eine Rolle: um die dritte Stunde (9 Uhr) war es ja, dass zum Pfingstfest der Heilige Geist auf die junge Christengemeinde herab gekommen ist (zu Pfingsten wird zur Terz der Hymnus 'Veni Creator' gebetet). An dieses Heilsgeheimnis erinnert die Kirche in unserer Hore; deshalb ist die Terz die erste Firmung, Stärkung im Tageskampf; sie ist ein 'Veni sancte Spiritus' für die Tagesarbeit. Der Stundengedanke ist also die Anrufung des Heiligen Geistes. Der Hymnus der kleinen Horen gibt Aufklärung über den Stundengedanken.

Quelle

-o-o-o-

Sext


Sext. 12 Uhr. Stundengedanke: Der Tageskampf ist auf der Höhe. Die Hitze der Leidenschaften ist am stärksten, die Hölle hat die größte Gewalt über den Menschen; der niedere Mensch hat die Oberhand. Heilsgeschichtlicher Gedanke: Der Heiland hängt am Kreuz (12 bis 15 Uhr), die Hölle entfaltet auch gegen ihn ihre ganze Macht. Im Hintergrunde der Sext steht die Karfreitagsszene, im Vordergrunde der Kampf gegen die Sünde in uns und in der Kirche. "Führe uns nicht in Versuchung"; ist der Inhalt unserer Hore.

Quelle

-o-o-o-



Non


Non. 15.00-18.00 Uhr. Der Erlösungstag geht langsam zur Neige; unsere Gedanken beschäftigen sich mit dem Ende des Lebens. Der Mensch fragt sich, wenn er in die Zukunft blickt: Werde ich ausharren? Der Stundengedanke ist die Beharrlichkeit; heilsgeschichtlichen Hintergrund finde ich keinen, höchstens einen endzeitlichen Hintergrund: die Letzten Dinge.

Quelle

-o-o-o-


Related Posts with Thumbnails